Bruckner: Symphony No. 9 - 4 Movement Version Sir Simon Rattle
Album Info
Album Veröffentlichung:
2012
HRA-Veröffentlichung:
27.02.2014
Label: Warner Classics
Genre: Classical
Subgenre: Orchestral
Interpret: Sir Simon Rattle
Komponist: Anton Bruckner (1824–1896)
Das Album enthält Albumcover Booklet (PDF)
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- 1 I. Feierlich - Misterioso 23:58
- 2 II. Scherzo - Bewegt, lebhaft 10:57
- 3 III. Adagio - Langsam 24:33
- 4 IV. Finale - Misterioso, nicht schell 22:41
Info zu Bruckner: Symphony No. 9 - 4 Movement Version
„Eine Bruckner-Sensation, zweifellos. Und doch schwankt man zunächst zwischen Irritation und Begeisterung: die Neunte endlich vollständig, nach gut 105 Jahren Torso-Dasein!? Nicht, dass es bislang keine Versuche gegeben hätte, ihr skizzenhaft überliefertes Finale zu rekonstruieren, etwa von William Carragans, und dieses – zumindest in den Fragmenten – auch aufzuführen, etwa von Inbal oder Harnoncourt. Aber der Traditionsweihrauch, wonach der tief gläubige Bruckner sein Lebenswerk mit dem Adagio der Neunten, seinem scheinbar so ins Jenseits blickenden „Schwanengesang“, abgeschlossen habe, wurde noch nie so stark zerstoben wie jetzt durch Simon Rattle und seine Philharmoniker, die mit ihrer vollständigen, formal geschlossenen Fassung auch – wenn man so will – eine innermusikalisch-„weltliche“ Fassung präsentieren, die auch ohne pseudosakrale Aufladung fasziniert.
Von den nach Bruckners Tod weit zerstreuten, nun zusammengeführten Final-Skizzen sind, wie Sir Simon im Booklet ausführt, neun Zehntel „entweder in voller Partitur ausgeschrieben oder lassen sich eindeutig aus den umfangreichen Skizzen rekonstruieren“; nur den kleinen Rest von 28 Takten haben Nicola Samale, Giuseppe Mazzuca, John Philipps und Benjamin-Gunnar Cohrs in „forensischer“ Manier hinzukomponiert – nach Material, das „bereits vorhanden war“. Wenn dem wirklich so ist, dann muss man neben der Bewunderung für das Endergebnis nur kopfschüttelnd fragen: warum erst jetzt? Warum kümmerten sich die Pultheroen der ehrfürchtigen Bruckner-Tradition nicht darum? Durfte ihr heiliger Bruckner-Altar mit dem Adagio-Tabernakel nicht angetastet werden?
Wie auch immer: Jene vier ausgewiesenen Kenner haben eine aufregende Rekonstruktions-Arbeit geleistet. Sie offenbart, dass die Neunte – noch mehr als die Fünfte und Achte – eine Synthese des Linzer Meisters darstellen sollte. Das Finale weist im Rahmen der Rondo- und Variationenform die übergreifenden Drei-Themen-Blöcke sowie neben choralartigen Hymnenpassagen eine an Beethoven angelehnte dynamische Motivarbeit und eine gewagt-instabile Tonsprache auf, die erst in der Coda zum triumphalen D-Dur sich aufschwingt. (Womit auch die tonal höchst fragwürdige Aufführungstradition endlich korrigiert wird: Niemals hätte Bruckner ein d-Moll-Werk in E-Dur, dem Adagio-Schluss, enden lassen).
Und Sir Simon? Er dirigiert die gewaltige viersätzige Apotheose zunächst etwas leichtgewichtig, bei aller (makellosen) Opulenz seines Eliteensembles. Der Engländer ist in den ersten drei Sätzen mehr Lyriker und „Dynamiker“ als scharfer Konturenzeichner, so dass die pastoralen Passagen wunderbar aufblühen und die großformatigen Spannungsbögen wahrlich bedrohlich anschwellen; aber die blockhaften Katarakte und abrupten Abbrüche besitzen nur wenig Kontrastwirkung. Auch die zukunftsweisende Sprache des Adagios wird – vielleicht im Vorblick auf das (neue) Finale – ein wenig ihrer existentiellen Sprengkraft beraubt (was schon am „temperiert“ angegangenen Nonensprung zu Beginn zu vermerken ist). Im Finale allerdings wächst Rattle an seinen grandiosen Aufgaben; hier spürt man unbesehen einiger weniger „Leerlauf“-Takte durchweg ein mitreißendes „Uraufführungs“-Fieber. Es sollte dieser „neuen“ Neunten zum Durchbruch verhelfen und die vermaledeite Rezeptionsgeschichte wenn nicht beenden – dafür ist die Legendenbildung wohl zu mächtig –, sie jedoch zumindest in die Schranken weisen.“ (Christoph Braun, RONDO Magazin)
Berliner Philharmoniker
Sir Simon Rattle, Dirigent
Recorded at Philharmonie, Berlin 2012
Engineered by René Möeller
Produced by Christoph Franke
Sir Simon Rattle
Im Jahr 2002 trat Sir Simon Rattle sein Amt als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker an, nachdem er hier 15 Jahre zuvor debütiert hatte. Damit übernahm er ein anspruchsvolles Erbe, muss in dieser Position doch auf besondere Weise zwischen Tradition und Innovation vermittelt werden. Ein bedeutender Dirigent Mahlers und der Komponisten der zweiten Wiener Schule wie sein direkter Vorgänger Claudio Abbado, schärfte Rattle dessen kammermusikalisches Klangideal – nicht nur in Symphoniekonzerten, sondern auch in der von ihm neu eingeführten Serie intimer »Late Night«-Programme. Auch das Kernrepertoire der Karajan-Ära pflegt Sir Simon mit viel beachteten Aufführungen großer Werke der Klassik und Romantik. Darüber hinaus hat er mit den Osterfestspielen in Salzburg und seit 2013 in Baden-Baden die Musiktheater-Tradition der Berliner Philharmoniker weitergeführt, unter anderem mit der ersten Gesamtaufführung von Wagners Ring des Nibelungen seit Karajans Zeiten.
Zugleich verbinden sich mit dem Namen Rattle wesentliche Neuerungen. So hat der in Liverpool gebürtige Künstler das anglo-amerikanische Repertoire der Berliner Philharmoniker um Werke von Britten, Elgar, Bernstein und Gershwin bereichert. Zum Zweiten ist Rattle seit Langem in der historischen Aufführungspraxis zu Hause. Deren Erkenntnisse hat er in hochgelobten Aufführungen von Haydns Symphonien und Bachs Passionsmusiken zum Klingen gebracht. Und schließlich haben sich die Berliner Philharmoniker unter Rattle verstärkt für neuere und neueste Musik engagiert; dafür stehen neben regelmäßigen Uraufführungen Konzerte mit Werken von Lutosławski über Ligeti bis hin zu Adès, Widman, Gubaidulina und Goebbels. Neben seiner künstlerischen Arbeit ist die Vermittlung von klassischer Musik an Jugendliche ein zentrales Anliegen Simon Rattles, weshalb er mit seinem Amtsantritt in Berlin ein philharmonisches Education-Programm initiierte, das unter anderem durch den Kinofilm Rhythm Is It! weltweit für Aufsehen sorgte.
Sir Simon zeichnet eine rare Kombination aus Neugier, stilistischer Vielseitigkeit und Detailgenauigkeit aus – Qualitäten, die seine ganze Laufbahn prägen. Mit noch nicht zwanzig Jahren war er 1971 Sieger des John-Player-Dirigierwettbewerbs. Engagements in England und in den USA folgten. Zu internationaler Bekanntheit gelangte Simon Rattle 1980 bis 1998 als Leiter des City of Birmingham Symphony Orchestra, der das Ensemble mit bis heute anhaltender Wirkung aus der Peripherie ins Zentrum des Musiklebens geführt hat. Nicht zuletzt für dieses Verdienst wurde Simon Rattle 1994 von Queen Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben. 2007 wurde er gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern zum Internationalen UNICEF-Botschafter ernannt. Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen erhielt er 2009 das deutsche Verdienstkreuz erster Klasse.
Booklet für Bruckner: Symphony No. 9 - 4 Movement Version