Juon, Tchaikovsky: Piano Trios Boulanger Trio
Album info
Album-Release:
2017
HRA-Release:
31.08.2018
Label: CAvi-music
Genre: Classical
Subgenre: Chamber Music
Artist: Boulanger Trio
Composer: Piotr Ilyich Tchaikovsky (1840-1993)
Album including Album cover Booklet (PDF)
- Paul Juon (1872-1940):
- 1 Lintaniae, Tone Poem, Op. 70 18:01
- Pyotr Ilyich Tchaikovsky (1840-1893): Trio for Violin, Cello and Piano, Op. 50:
- 2 I. Pezzo elegiaco. Moderato assai - Allegro giusto 18:39
- 3 II. Tema con variazioni 31:09
Info for Juon, Tchaikovsky: Piano Trios
„Es gibt so viel großartige Musik, die fast nie gespielt wird.“ schwärmt Birgit Erz, Violinistin des Boulanger Trios. Seit der Gründung im Jahr 2006 hat das Trio es sich zum Markenzeichen gemacht, in Vergessenheit geratene Werke neu zu entdecken. Am liebsten kombinieren sie große, bekannte Werke mit sorgfältig ausgewählten Entdeckungen, bringen die Kompositionen in Verbindung und lassen sie so oft in ganz neuem Licht erscheinen. So auch auf dieser, inzwischen neunten, CD-Aufnahme: Dem Meilenstein der Kammermusik, nämlich Peter Tschaikowskys einzigem Klaviertrio, op. 50, steht die Litaniae, Tondichtung für Klavier, Violine und Violoncell op. 70 des Komponisten Paul Juon gegenüber. Juon wurde im Jahr 1872 in Moskau geboren, verfasste 99 Opuszahlen, wurde seinerzeit bei Aufführungen groß gefeiert, war aber als Persönlichkeit eher bescheiden und zurückhaltend. So geriet er leider schnell in Vergessenheit. „Beide Werke haben als Impuls für die Komposition ein dramatisches Erlebnis, einen Schock.“, erklären Pianistin Karla Haltenwanger und Cellistin Ilona Kindt. Tschaikowsky komponierte sein Trio in Reaktion auf den unerwarteten Tod seines Freundes und Förderers Nikolaj Rubinstein im Jahr 1881, und auch Paul Juon beschreibt in einem ersten Einführungstext eine sehr eindrucksvolle Szene eines verzweifelten Mannes, den er einige Jahre zuvor betend und flehend in der Münchner Frauenkirche antraf und der ihn zu diesem Werk inspirierte. Das Boulanger Trio ist sich einig: „Es sind sehr persönliche Werke, mit denen die Komponisten auf Verlust und Trauer reagieren. Es geht um ganz existentielle Dinge, alles Nebensächliche, Unwichtige ist ausgeblendet. Auch hat man in beiden Stücken den Eindruck, das Leben eines Menschen mitzuerleben, es fast schon durch seine Augen zu sehen.“
Dabei ist es besonders spannend, dass Tschaikowsky sein monumentales Werk in einer epischen Länge ausbreitet, während Juon eine sehr komprimierte Form wählt. „Juons Musik ist auch nicht ganz leicht zu spielen.“, beschreibt Birgit Erz „Für uns Streicher ist sie technisch wirklich anspruchsvoll. Da merkt man, dass er bei großartigen Lehren wie Jan Hrimaly Geige studiert hat.“ Und Karla Haltenwanger fügt hinzu: „Auch der Klavierpart ist sehr virtuos. Wir haben ja auch schon sein Tripelkonzert gespielt. Da sind in der Klaviereinleitung ungefähr eine Million Töne auf drei Seiten.“
Der Spaß und die Freude, die das Boulanger Trio bei dieser virtuosen Musik im Aufnahmestudio vom Deutschlandfunk in Köln entwickelt hat, ist leicht herauszuhören. „Bei Tschaikowsky können wir uns richtig austoben und bei Juon haben wir uns sofort in die außergewöhnlichen Klangfarben verliebt.“ Obwohl Schmerz und Trauer Inspiration für die Komponisten waren, hinterlässt die Musik keine bedrückende oder gar bedrohliche Stimmung beim Zuhörer. „Gerade traurige Musik hat oft eine beglückende Wirkung.“ erklären die drei Musikerinnen „Zuhörer können daraus frische Energie schöpfen. Vielleicht ist es auch so, dass der Schmerz, sobald er eine Ausdrucksform gefunden hat, fassbar wird. Während der Werke könnte man fast zerplatzten, weil man nicht weiß wohin mit all der Emotion, aber wenn der letzte Ton verklungen ist, man der Musik nachlauscht, kann man wieder ausatmen. Man ist erschöpft, aber auch erleichtert.“
Wieder einmal ist es dem Boulanger Trio gelungen, musikalische Parallelen, spannende Kombinationen und hörenswerte Entdeckungen auf einem Album festzuhalten. „Auch die beiden Triostücke Lili Boulangers waren bei unserer Gründung 2006 völlig unbekannt und noch nicht einmal verlegt. Mittlerweile sind sie im Repertoire vieler Klaviertrios, das ist vielleicht auch ein bisschen unser Verdienst, worauf wir wirklich stolz sind.“
Ähnliches gelingt ihnen auch bei der regelmäßig stattfindenden „Boulangerie“- Konzerten, bei dem das Trio Bekanntes mit Neuem verbindet und regelmäßig zeitgenössische Komponisten einlädt. Ganz im Sinne der Namensgeberinnen Nadia und Lili Boulanger.
Boulanger Trio
Boulanger Trio
Als “unwiderstehlich” bezeichnete DIE WELT eine Aufführung des Boulanger Trios, und Wolfgang Rihm schrieb in einem Brief: “So interpretiert zu werden, ist wohl für jeden Komponisten ein Wunschtraum.”
Das 2006 von Karla Haltenwanger (Klavier), Birgit Erz (Violine) und Ilona Kindt (Violoncello) in Hamburg gegründete Trio hat inzwischen seine Basis in Berlin. Bereits 2007 gewannen die drei Musikerinnen die 4. Trondheim International Chamber Music Competition in Norwegen; 2008 wurde ihnen der Rauhe Preis für Neue Kammermusik verliehen. Seitdem hat sich das Trio, zu deren Mentoren Hatto Beyerle, Menahem Pressler und Alfred Brendel zählen, einen ausgezeichneten Ruf in der Kammermusikszene erspielt.
Davon zeugen unter anderem regelmäßige Auftritte bei Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem Schleswig‐Holstein Musik Festival, den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker, bei den Dialogen im Mozarteum Salzburg und bei Ultraschall in Berlin. Die Boulangers – auch mit Kammermusikpartnern wie Nils Mönkemeyer (Bratsche) und Sebastian Manz (Klarinette) – waren zudem in bedeutenden Sälen wie dem Konzerthaus Berlin, dem Festspielhaus Baden-Baden, dem Palais des Beaux-Arts Brüssel, der Wigmore Hall London und der Berliner Philharmonie zu Gast.Neben der Beschäftigung mit dem klassischen und romantischen Repertoire sind die Musikerinnen gefragte Interpretinnen Neuer Musik. Unter anderem arbeiten sie mit Komponisten wie Wolfgang Rihm, Johannes Maria Staud, Friedrich Cerha, Toshio Hosokawa und Matthias Pintscher zusammen. Im Jahr 2011 startete das Ensemble in Hamburg und Berlin seine eigene Konzertreihe, die Boulangerie. Bei jedem Konzert dieser Serie wird klassisches Repertoire mit einem zeitgenössischen Stück kombiniert, dessen Komponist während des Konzerts anwesend ist und mit den drei Musikerinnen über sein Schaffen spricht.
Auf bisher vier CDs hat das Boulanger Trio die Bandbreite seines Repertoires dokumentiert: 2011 veröffentlichten die Musikerinnen bei Profil Hänssler eine Aufnahme mit Werken von Johannes Brahms, Franz Liszt und Arnold Schönberg, die mit dem Excellentia Award in Luxemburg ausgezeichnet wurde. Die 2012 ebenfalls bei Profil erschienene CD mit Werken von Dmitri Schostakowitsch und Peteris Vasks erhielt den Supersonic Award. Zwei frühere Aufnahmen mit Musik von Robert und Clara Schumann, Camille Saint‐Saëns, Gabriel Fauré, Wolfgang Rihm und der deutschen Ersteinspielung der Werke von Lili Boulanger wurden beim Label ARS Produktion veröffentlicht.
Das Trio benannte sich nach den Schwestern Nadia und Lili Boulanger, die durch ihre außergewöhnlichen Persönlichkeiten und ihren kompromisslosen Einsatz für die Musik den Musikerinnen bis heute eine große Inspirationsquelle sind.
Booklet for Juon, Tchaikovsky: Piano Trios