Münchner Philharmoniker & Sergiu Celibidache
Biographie Münchner Philharmoniker & Sergiu Celibidache
Die Münchner Philharmoniker
wurden 1893 auf Privatinitiative von Franz Kaim, Sohn eines Klavierfabrikanten, gegründet und prägen seither das musikalische Leben Münchens. Bereits in den Anfangsjahren des Orchesters – zunächst unter dem Namen „Kaim-Orchester“ – garantierten Dirigenten wie Hans Winderstein, Hermann Zumpe und der Bruckner-Schüler Ferdinand Löwe hohes spieltechnisches Niveau und setzten sich intensiv auch für das zeitgenössische Schaffen ein. Von Anbeginn an gehörte zum künstlerischen Konzept auch das Bestreben, durch Programm- und Preisgestaltung allen Bevölkerungs-schichten Zugang zu den Konzerten zu ermöglichen. Mit Felix Weingartner, der das Orchester von 1898 bis 1905 leitete, mehrte sich durch zahlreiche Auslandsreisen auch das internationale Ansehen.
Gustav Mahler dirigierte das Orchester in den Jahren 1901 und 1910 bei den Uraufführungen seiner 4. und 8. Symphonie. Im November 1911 gelangte mit dem inzwischen in „Konzertvereins-Orchester“ umbenannten Ensemble unter Bruno Walters Leitung Mahlers „Das Lied von der Erde“ zur Uraufführung. Von 1908 bis 1914 übernahm Ferdinand Löwe das Orchester erneut. In Anknüpfung an das triumphale Wiener Gastspiel am 1. März 1898 mit Anton Bruckners 5. Symphonie leitete er die ersten großen Bruckner-Konzerte und begründete so die bis heute andauernde Bruckner-Tradition des Orchesters. In die Amtszeit von Siegmund von Hausegger, der dem Orchester von 1920 bis 1938 als Generalmusikdirektor vorstand, fielen u.a. die Uraufführungen zweier Symphonien Bruckners in ihren Originalfassungen sowie die Umbenennung in „Münchner Philharmoniker“. Von 1938 bis zum Sommer 1944 stand der österreichische Dirigent Oswald Kabasta an der Spitze des Orchesters, der die Bruckner-Tradition der Münchner Philharmoniker glanzvoll fortführte und auch bei zahlreichen Gastspielreisen im In- und Ausland unter Beweis stellte.
Eugen Jochum dirigierte das erste Konzert nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit Hans Rosbaud gewannen die Philharmoniker im Herbst 1945 einen herausragenden Orchesterleiter, der sich zudem leidenschaftlich für neue Musik einsetzte. Rosbauds Nachfolger war von 1949 bis 1966 Fritz Rieger. In der Ära Rudolf Kempes, der das Orchester von 1967 bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1976 leitete, bereisten die Philharmoniker erstmals Japan und die damalige UdSSR.
Im Februar 1979 leitete Sergiu Celibidache seine erste Konzertserie bei den Münchner Philharmonikern und wurde im Juni desselben Jahres zum Generalmusikdirektor ernannt. Konzertreisen führten ihn und das Orchester durch viele Länder Europas, nach Südamerika und Asien. Die gemeinsamen legendären Bruckner-Konzerte trugen wesentlich zum internationalen Ruf des Orchesters bei. In der Ära Celibidache wurde das Orchester wiederholt aufgefordert, die Bundesregierung oder den Bundespräsidenten als musikalischer Botschafter zu begleiten.
Nach langen Interimsjahren im Münchner Herkulessaal erhielten die Philharmoniker 1985 mit der Philharmonie im Gasteig nach über 40 Jahren endlich wieder einen eigenen Konzertsaal. Ihre alte Heimstatt, die sog. „Tonhalle“ in der Türkenstraße, war 1944 völlig zerstört worden.
Im September 1999 wurde James Levine Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Mit ihm unternahmen die Münchner Philharmoniker ausgedehnte Konzerttourneen durch Europa, gastierten in der Carnegie Hall in New York und gaben 2002 ihr gemeinsames Debüt bei den Londoner „Proms“. 2003 verlieh der Deutsche Musikverleger-Verband den Münchner Philharmonikern den Preis für das „Beste Konzertprogramm der Saison 2002/2003“.
2004 ernannten die Münchner Philharmoniker Zubin Mehta zum ersten „Ehrendirigenten“ in der Geschichte des Orchesters. Christian Thielemann unterzeichnete 2003 seinen Vertrag als Generalmusikdirektor. 2005 wurde den Münchner Philharmonikern die Ehre zuteil, unter der Leitung von Christian Thielemann ein Konzert vor Papst Benedikt XVI. im Vatikan zu geben, an dem rund 7.000 geladene Gäste teilnahmen.
Eine überaus erfolgreiche Tournee führte das Orchester im September 2010 unter der Leitung von Ehrendirigent Zubin Mehta nach Südamerika. Zum 100-jährigen Jubiläum der Münchner Uraufführung leitete Christian Thielemann im Oktober 2010 zwei Aufführungen von Gustav Mahlers 8. Symphonie. Ihm folgte Lorin Maazel, der die Position des Chefdirigenten bis zu seinem Tod im Jahr 2014 übernahm. Während seiner Amtszeit legte er den Fokus seiner Arbeit auf eine Erweiterung des Repertoires und eine Flexibilisierung des Klangs.
Seit der Spielzeit 2015/16 ist Valery Gergiev Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Reisen führten sie bereits in zahlreiche europäische Städte sowie nach Japan, China, Korea, Taiwan und in die USA. Programmatische Akzente setzte Valery Gergiev durch die Aufführungen symphonischer Zyklen von Schostakowitsch, Strawinsky, Prokofjew und Rachmaninow sowie neuen Formaten wie dem Festival „MPHIL 360°“. Regelmäßig werden Konzerte via Livestream, Radio und Fernsehen weltweit übertragen. Seit September 2016 liegen die ersten CD-Aufnahmen des orchestereigenen Labels „MPHIL“ vor, die die Arbeit der Münchner Philharmonikern dokumentieren. Derzeit erarbeiten die Münchner Philharmoniker und Valery Gergiev eine Gesamtaufnahme der Symphonien Anton Bruckners in der Stiftskirche St. Florian.
Mit dem Programm „Spielfeld Klassik“ haben die Münchner Philharmoniker in den letzten Jahren ein umfangreiches Vermittlungs-Angebot für alle Generationen entwickelt. Bis zu 35.000 Interessierte allen Altersklassen besuchen jährlich die mehr als 150 Veranstaltungen. Mit Kinder-, Schul- und Jugendkonzerten, Probenbesuchen, Schulbesuchen von Philharmonikern, Instrumentendemonstrationen sowie einem Schüler- und Studentenabonnement erhalten insbesondere Kinder und Jugendliche vielfältige Möglichkeiten, sich mit klassischer Musik und der Arbeit eines großen Symphonieorchesters zu beschäftigen. Unter dem Motto „MPhil vor Ort“ sind die Münchner Philharmoniker als „Orchester der Stadt“ nicht nur in der Philharmonie im Münchner Gasteig zu erleben, sondern auch an außergewöhnlichen Orten wie dem Hofbräuhaus, Almen, Clubs und Industriehallen.
Sergiu Celibidache
einer der größten Dirigenten des letzten Jahrhunderts wurde 1912 im rumänischen Roman geboren. Er studierte in Berlin Mathematik, Philosophie und Musik bei Heinz Tiessen und Walter Gmeindl. Mit 33 Jahren wurde er, dank seiner außergewöhnlichen Begabung Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, da Wilhelm Furtwängler wegen seiner politischen Vergangenheit das Orchester nicht dirigieren dürfte. Nach vielen Wanderjahren durch Europa und Südamerika übernahm er 1972 - 77 das Stuttgarter Radio - Sinfonie - Orchester als künstlerischer Leiter, wo er einen prägenden Eindruck hinterließ. Sein größter und letzter Erfolg nach Berlin war 1979 die Übernahme der künstlerischen Leitung der Münchner Philharmoniker. Als Münchner Generalmusikdirektor führte er "sein" Orchester an die internationale Weltelite und widmete sich vorwiegend der Werke Anton Bruckners. Große Beachtung fanden die Bruckner - Aufführungen in der Stiftskirche von St.Florian über dem Grabe Bruckners. Der letzte große Wunsch Celibidaches, Bruckners letzte Sinfonie "an den lieben Gott" in St.Florian aufzuführen erlebte der Maestro leider nicht mehr; er starb am 15. August 1996, vier Wochen vor dem angesetzten Termin in seiner Wahlheimat bei Paris.
Während seiner gesamten Dirigentenlaufbahn hat Celibidache die methodischen Reflexionen über seine Kunst vertieft und die Ergebnisse seiner Forschungen durch unermüdliche Lehrtätigkeit in der ganzen Welt vermittelt, besonders während einer 13-jährigen Gastprofessur an der Universität Mainz, aber auch in München und Paris.