Speaking Sound Joachim Kühn & Mateusz Smoczyński
Album info
Album-Release:
2020
HRA-Release:
31.01.2020
Album including Album cover Booklet (PDF)
- 1 Epilog Der Hoffnung 06:40
- 2 Maria 03:46
- 3 Love and Peace 04:23
- 4 No. 40 05:39
- 5 Schubertauster 05:58
- 6 After the Morning 06:49
- 7 I'm Better off Without You 06:52
- 8 Glükszahl 23 01:22
- 9 Paganini 03:09
Info for Speaking Sound
Man hört schon nach den ersten Noten von "Speaking Sound": Mit Joachim Kühn und Mateusz Smoczyński, dem Geiger des vielbeachteten polnischen "Atom String Quartet", haben sich Zwei gefunden, die ohne viele Worte und Absprachen wirklich magisch harmonieren, einander inspirieren und die ganze Palette ihrer musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten miteinander ausschöpfen. Von Melodien voller Transparenz und Schönheit, bis zu freien Energieausbrüchen. Kammerjazz ohne Grenzen.
Das Zusammentreffen der beiden gleicht einem Glücksfall. Ihre musikalischen Unterhaltungen entzünden sich an prägnanten Themen und Motiven, entfalten sich frei und erweisen sich zugleich hochkonzentriert. Joachim Kühn und Mateusz Smoczyński entdecken Wege ins Offene, finden zu einem gemeinsamen Puls und einem gemeinsamen Atmen.
Die Klänge sprechen für sich, Speaking Sound. Im Jazz ging es immer darum, auf den Instrumenten zu sprechen und einen persönlichen Klang auszuprägen. Joachim und Mateusz Smoczyński gelingt das im Dialog ebenso einvernehmlich wie spannungsvoll. Beide haben Wurzeln in der Klassik, der in Leipzig geborene, auch mit Bach aufgewachsene Pianist und der vier Jahrzehnte jüngere Geiger, Absolvent der Frédéric Chopin Musikakademie in Warschau. Entscheidend für das Schaffen bei-der wurde die Vitalisierung der europäischen Tradition durch die freien Ausdrucksmöglichkeiten des Jazz.
Während Joachim Kühn gegenwärtig mit seinem New Trio eine magische Dynamik aus Rasanz und Grooves in Gang zu setzen weiß, findet er im Duo mit Mateusz Smoczyński zu vergleichsweise kontemplativen Stimmungen. Bei diesen Dialogen im Medium des Klanges, sagt Joachim Kühn, habe sich ein ruhiges, positives Gefühl entwickelt. Um Wärme und Geben ging es auch Ornette Coleman, dem frühen Idol von Joachim Kühn, mit dem er schließlich aufs engste zusammenarbeiten konnte. Während Kühn mit seinem aktuellen Soloprojekt "Melodic Ornette Coleman" die einzigartige Schönheit der Melodien von Coleman erstrahlen lässt, bringt er in das Spiel mit Mateusz Smoczyński eigene Kompositionen ein, dazu Stücke mit ihm befreundeter Musiker wie "Schubertauster" von Vincent Peirani. Der Grundgestus bleibt europäisch, weitet sich aber bei Rabih Abou-Khalils "I‘m Better Off Without You" wie auch bei Gurdjieffs "No. 40" aus dessen "Asian Songs and Rhythms" in Richtung Osten.
Klavier und Geige, das ist ein klassisches Format. Und das bleibt es auch in dieser Konstellation. Dennoch wäre diese grenzenlose Kammermusik nicht denkbar ohne den Impuls des Jazz. Einen gemeinsamen Bezugspunkt von Joachim Kühn und Mateusz Smoczyński bildet das Schaffen des polnischen Jazzgeigers Zbigniew Seifert. Wie keinem zweiten vor ihm gelang es Seifert, etwas vom Klang und vom Spirit Coltranes auf die Violine zu übertragen und zugleich seine eigene, seine slawischen Mentalität einfließen zu lassen. Joachim Kühn war mit dem 1979 tragisch früh verstorbenen Geiger eng befreundet und hat glänzend mit ihm zusammengearbeitet. Auf Kühns Platten "Cinemascope" und "Springfever" kann man das nachhören, ebenfalls auf Seiferts epochaler Einspielung "Man Of The Light" von 1976. Joachim Kühn saß auch am Klavier, als 1974 mit dem Rundfunkorchester des NDR in Hannover Seiferts "Jazz-Konzert für Violine, Sinfonieorchester und Rhythmusgruppe" uraufgeführt wurde.
Keiner, der in Polen Jazz auf der Violine spielt, kommt an Zbigniew Seifert vorbei. Mateusz Smoczyński hat das Schaffen des Vorbildes verinnerlicht, zugleich zu einer eigenen Sprache gefunden und eine individuelle, brillante Technik entwickelt. Dafür wurde er 2016 bei dem nach Seifert benannten Internationalen Wettbewerb für Jazzviolinisten in Krakau mit dem Grand Prix aus-gezeichnet. Smoczyński ist Mitbegründer des weit über Polen hinaus bekannten Atom String Quartet und war 2012 bis 2016 Erster Violinist im legendären Turtle Island String Quartet. Er arbeitet mit einem eigenen Quintett, mit seinem New Trio, ist als Komponist, u.a. mit dem Violinkonzert "Adam's Apple" hervorgetreten, und hat auch ein Solo-Album vorgelegt.
Joachim Kühn und Mateusz Smoczyński standen erstmals 2009 anlässlich der polnischen Erstaufführung von Seiferts Violinkonzert in Krakau gemeinsam auf der Bühne. Diesem Konzert mit dem Krakauer Philharmonischen Orchester folgte 2018 ein weiteres, nun mit dem Nationalen Sinfonieorchester des Polnischen Rundfunks in Katowice. Bei dieser Gelegenheit stellte Joachim Kühn mit Freude fest, wie grandios sich der immer noch jung zu nennende Geiger inzwischen entwickelt hatte. Nach Duo-Improvisationen in der Garderobe der Philharmonie von Katowice schlug Joachim Kühn gemeinsame Aufnahmen in seinem Haus auf Ibiza vor.
Fünf Monate später, im April 2019, stand Mateusz Smoczyński mit seiner Geige neben Joachim Kühn am heimischen Steinway. In entspannter Atmosphäre, mit weitem Blick auf die Salinen an der Südspitze der Insel und das angrenzende Meer entstanden viereinhalb Stunden Musik - fast alles First Takes. Einige der eindrücklichsten finden sich auf diesem Album. Transparente, leuchtende Dialoge. Eloquenz ohne Geschwätzigkeit, Schönklang ohne Trivialität. Zwei Musiker, die sich gegenseitig inspirieren, einander vertrauend, in sich ruhend in einer aus den Fugen geratenen Welt.
Joachim Kühn, Klavier
Mateusz Smoczyński, Violine, Bariton-Violine
Joachim Kühn Trio
Alter Meister, junge Wilde und ein neues Trio: Joachim Kühn, Pianist von Weltrang und Solitär des europäischen Jazz, gönnt sich keine Pause. Unstillbar ist sein künstlerischer Schaffensdrang, auch mit Anfang 70 noch. Stillstand ist für ihn Rückschritt, seine musikalische Neugier ungebrochen. Auch heute noch sitzt Kühn täglich Stunden an seinem Flügel in seiner abgeschiedenen Finca an Ibizas Meeresküste oder hört in seiner Musikbibliothek, die über 1500 Tonträger beheimatet, alte und aktuelle CD-Erscheinungen.
Für „Beauty & Truth“ hat er nun gemeinsam mit Produzent Siggi Loch alte, bekannte und ungewöhnliche Stücke ausgesucht und im neuen Trio eingespielt: „Starke Melodien, die man gestalten kann“, erzählt Kühn. Stücke, die ihm etwas bedeuten, wie etwa die Krzysztof Komeda Komposition „Kattorna“. „Bei der Aufnahmesession 1965 in Warschau für das Album „Astigmatic“ war ich selbst im Studio mit dabei und habe zugehört. Nun kam mir dieses Stück wieder in den Kopf.“ Erstmals hört man ihn auch als Interpreten von The Doors. Eine Reggae-Dub-Nummer von Stand High Patrol, die Eric Schaefer ins Studio mitgebracht hat, ist ebenfalls im Repertoire. Natürlich darf eine Reminiszenz an den im Juni 2015 verstorbenen Ornette Coleman nicht fehlen, der zwischen 1996 bis 2000 ausschließlich mit Kühn zusammenspielte. Das Titelstück „Beauty And Truth“, gespielt als Pianosolo-Miniatur, gibt als Prolog die Idee des Albums vor: zur Essenz der Komposition vorzudringen, ihre innere Wahrheit zu entdecken und wahre Schönheit herauszukehren.
Auf den 12 Stücken hört man einen anderen Joachim Kühn: Kraftvoll, klar und auf den Punkt. Immer fest verankert im Groove. Voll ungebremster Spielfreunde und mit jeder Menge Soul. Das neue Trio beflügelt ihn hörbar: „Nach vielen Jahren kehre ich zum klassischen Pianotrio zurück. Das Trio mit Jean-François Jenny-Clark und Daniel Humair, das über 30 Jahre existierte, war das Trio meines Lebens. Diese Tiefe und Intensität war unglaublich. Mit Eric und Chris habe ich nun ein neues Traum-Team gefunden. Auf eine ganz neue Art ist es sehr inspirierend, mit ihnen zu spielen.“
Booklet for Speaking Sound