Der Ansatz dieses Albums, ein Klassik-Streichtrio mit einem Jazz-Klaviertrio zu einem Sextett zu vereinigen ist einigermaßen ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist, dass diese Fusion nicht schlicht Klassik und Jazz vermischt oder gar Jazz mit süßlichem Streichersound überzieht, sondern dass eine gar ungewöhnliche, völlig eigenständige Musikform entsteht. Zu verdanken ist dies dem Kompositionsgeschick des Jazz-Pianisten Christian Balvig, das sämtliche Instrumente gleichberechtigt einsetzt und es ihnen erlaubt, sich aneinander zu reiben und dadurch ihre Klangcharakteristika auszuspielen. Dass mit diesem Konzept überraschende neue Klangräume erblühen, ja völlig eigenständige Musik zwischen Jazz und Klassik entsteht, ist den einzelnen Musikern beider Genres zu verdanken, die sich voller Lust und Spielfreude in das letztendlich erfolgreiche Experiment einbringen, etwas Neues entstehen zu lassen. Um wie vieles interessanter wäre die Klassik- und Jazzszene, wenn die Ausbildung an Musikhochschulen öfter solche Könner hervorbringen würde wie Christian Balvig, die frei von Berührungsangst zum Jazz sind und Klassik nicht als unveränderbare Größe behandeln.
Mitverantwortlich am Weltbild dieses Musikers sind die Musikhochschule Göteborg, an der Balvig seinen Master unter anderem in Komposition abgelegt hat, die Timani Piano Akademie in Oslo, die Norwegische Musikhochschule in Oslo, das Rytmisk Musikkonservatorium, die Rudolf Steiner Schule und in Århus und das Århus MGK. Das hört sich nach einer langen Ausbildungszeit an, dauerte jedoch gerade einmal drei Jahre, um einen an Innovationskraft reichen Musiker für diese spannende Fusion-Jazzszene Oslos zu „produzieren“. Die nächsten drei Jahre nutzte Christian Balvig für die Komposition der Titel seines Debut-Albums Music for Humans und für die Zusammenstellung seines mit klassischen Musikern und Jazzmusikern gleichermaßen besetzten Sextetts. Dieses umfasst neben dem Pianisten Christian Balvig, Louise Gorm, Violine, Mikkel Schrieber, Viola, Maria Edlund, Cello, Jens Mikkel Madsen, Bass, und Siv Øyunn Kjenstad am Schlagzeug.
Music for Humans ist voller meist unmittelbar eingängiger Melodien, die weitverzweigt variiert, alternativ aber auch minimalistisch verfolgt werden. Unterschiedliche Stimmungen von meditativ bis entspannt swingend bestimmen die Titel des Albums. Gemeinsam ist ihnen zumeist unaufgeregtes, entspanntes Musizieren in einer eigenwilligen Musiksprache, die in ihrer Symptomatik kein Vorbild hat. Überraschend ebenso wie sympathisch ist, dass diese neue Musiksprache unangenehm irritiert. Vielmehr versteht es Christian Balvig geschickt, den Überraschungseffekt des Neuen auf einem Niveau zu präsentieren, das den Hörer nicht unangenehm überrascht, und im Laufe der Titel fantasievoll so fortzuschreiben, dass die Neugier des Hörers auf das geweckt wird, was da noch kommt. Das Neue hat dabei so viel Substanz, dass es auf Dauer nicht ins Unbedeutende verpufft. Vielmehr dürfte dieses Neue derart substantiell sein, dass auch kommende Alben Christian Balvigs auf diesem kompositorischen basieren können und erfolgreich sein. A apropos Erfolg. Seinen zu erwartenden Erfolg wird das Debutalbum des Norwegers nicht zuletzt seinen fünf Mitmusikern verdanken, die das Neue dieser Musik auf höchstem Niveau und vollen Herzens realisieren.
Louise Gorm, Violine
Mikkel Schrieber, Viola
Maria Edlund, Cello
Christian Balvig, Klavier
Jens Mikkel Madsen, Bass
Siv Øyunn Kjenstad, Schlagzeug