Diana Krall hat sich auf dem Gebiet des Jazzgesangs bereits seit langem als Marke durchgesetzt. Das heißt für die Jazz-Lady, dass jedes neue Album von ihren Fans ersehnt und zum Selbstläufer wird. Diese Fans finden sich in Jazzkreisen ebenso wie in Kreisen des sogenannten High Ends, dem hochpreisigen Hi-Fi-Sektor mit dem Anspruch allerbesten Sounds mit dem Ergebnis, dass Alben von Diana Krall ihrer zugegeben hervorragenden Aufnahmetechnik wegen zum Beispiel auf Audio-Messen als Demoobjekte gehandelt werden. Und dies ohne Rücksicht auf die künstlerische Qualität der Alben, die seit jeher unbestritten ist und zumindest dann zu Höhenflügen neigt, wenn Diana Krall als sich selbst begleitende Pianistin aktiv ist. Gerade ihre ersten Alben künden davon, welch formidable Jazz-Pianistin mit hohem Improvisationspotential sie ist. Nicht zuletzt liefert Diana Krall in der Regel Jazz ohne provokante Kanten und Ecken, also Jazz mit einem nicht zu unterschätzenden Maß an Gefälligkeit ab, was zur Folge hat, dass sie auch ausgesprochene Jazz-Verächter zu ihren Fans zählen darf.
Wie sich das heutzutage gehört, findet der Markenwert Diana Kralls in heftigen Preisverleihungsorgien seinen Niederschlag: mehrfach erhielt sie Grammy und Echo Jazz Auszeichnungen, und mit Gold und Platin prämierte Alben gehören bei ihr sozusagen zum guten Ton. Ein Auftritt im Weißen Haus zu Zeiten Barack Obamas spiegelt ihre breite gesellschaftliche Wertschätzung wieder. Wir haben hier also wahrhaft eine Künstlerin auf dem Zenit ihrer Karriere vor uns.
Dass dem nach wie vor so ist, demonstriert auch ihr neuestes Album „Turn Up The Quiet“. Ruhe schaffen, und dies in unseren übertrieben lauten, ja unruhigen Zeiten ist also das Ziel des Albums. Und dieses hehre Ziel erreicht Diana Krall bereits dank ihrer samtig weich intonierten Stimme, mit der sie Songs des American Songbook in einer völlig entspannten Form präsentiert, die für die Sängerin charakteristisch ist. Ob es daran liegt, dass sie ein wenig zu entspannt agiert, oder dass ein großer Teil der Songs zusätzlich mit Streichersound weichgespült wird, oder gar, dass man diese Herangehensweise an Songs von bisherigen Alben bereits bestens kennt, jedenfalls liegt die Gefahr in der Luft, dass die angestrebte Ruhe in Langeweile umkippt. Dass das letztendlich doch nicht passiert, dafür sorgen die in instrumentaler Quartettbesetzung realisierten Songs, die die ursprünglich risikoreicher agierende, der Improvisation nicht abholde Diana Krall früherer Jahre erahnen lassen, die sich heutzutage lieber in der sängerischen Komfortzone bewegt.
Dass das auf „Turn Up The Quiet“ entspannt und für den Zuhörer mit hohem Entspannungswert Gebotene sich sanglich auf höchstem Niveau bewegt, ist für eine Diana Krall Ehrensache. Dass die Aufnahmetechnik erneut für luxuriösen Sound sorgt, war zu erwarten. Damit dürfte der Großteil ihrer Anhängerschaft ausreichend Grund zum Jubeln haben und neuer Stoff für High End Demos liefert dieses Album allemal. Wer allerdings auf eine Wiederauferstehung der mutiger als auf diesem Album Jazz zelebrierenden Diana Krall der ersten Stunde gehofft hatte, muss sich weiterhin in Geduld fassen.
Diana Krall, vocals, piano
Russell Malone, guitar
Anthony Wilson, guitar
Tony Garnier, bass
John Clayton Jr., bass
Christian McBride, bass
Karriem Riggins, drums
Jeff Hamilton, drums
Stuart Duncan, fiddle