Jazz at Berlin Philharmonic XIII: Celebrating Mingus 100 (Live) Magnus Lindgren & Georg Breinschmid
Album info
Album-Release:
2022
HRA-Release:
24.06.2022
Label: ACT Music
Genre: Jazz
Subgenre: Contemporary Jazz
Artist: Magnus Lindgren & Georg Breinschmid
Composer: Charles Mingus (1922-1979)
Album including Album cover Booklet (PDF)
- 1 Jelly Roll (Live) 08:11
- 2 Fables of Faubus (Live) 08:41
- 3 Goodbye Pork Pie Hat (Live) 06:51
- 4 Boogie Stop Shuffle (Live) 07:20
- 5 Self-Portrait in Three Colors (Live) 06:21
- 6 Better Git It in Your Soul (Live) 10:25
Info for Jazz at Berlin Philharmonic XIII: Celebrating Mingus 100 (Live)
Am 22. April 2022 wäre Charles Mingus 100 Jahre alt geworden. Obwohl der Kontrabassist selten in einem Atemzug mit Louis Armstrong, Charlie Parker oder Miles Davies genannt wird, ist seine Bedeutung für die improvisierte Musik nicht geringer zu schätzen. Er konnte wütend, sogar gewalttätig sein, aber auch liebevoll und zärtlich, und all diese Aspekte seines komplexen Charakters hört man in seiner Musik. Mingus sagte einmal selbst über sich: „Ich versuche, die Wahrheit dessen zu spielen, was ich bin. Das ist deshalb so schwierig, weil ich mich ständig verändere.“
Extreme der Emotionen sind der Kern von Mingus' Musik und sie spiegeln sich in seinen sechs Kompositionen wider, die hier auf „Jazz at Berlin Philharmonic XIII - Mingus 100“ zu hören sind. Das Konzert am 13. April 2022 war eine der Hauptveranstaltungen anlässlich des Künstlerjubiläums und fand in der von Siggi Loch kuratierten Konzertreihe statt. Die neun Musiker, die auf der Bühne standen und die sich vor diesem Projekt größtenteils nicht kannten, haben ihr ganzes musikalisches Wesen in dieses Projekt eingebracht und sind dabei dem Geist von Mingus und seiner einzigartigen Art, Trotz und Widerspruch auszudrücken, treu geblieben.
Die ersten Klänge des Live-Mitschnitts stammen von dem österreichischen Bassisten Georg Breinschmid. Er ist einer der Co-Leader des Projekts und stellt in Mingus-Manier unverblümte Attacke und streichelnde Zärtlichkeit einander gegenüber, wenn sein Bass „Jelly Roll“ einleitet. „Georg ist ein wunderbarer Kommunikator und ein hervorragender Bassist“, sagt der andere Leiter des Abends, der schwedische Multiinstrumentalist und Arrangeur Magnus Lindgren. Breinschmids Geschichte ist bemerkenswert: Bis zu seinem 25. Lebensjahr ist er einen traditionellen Weg gegangen. Als junger, hochkarätiger klassischer Kontrabassist war er bereits ordentliches Mitglied der Wiener Philharmoniker geworden, eine Rolle, die ihm ein Leben lang sicher war. Aber dann kehrte er dieser Welt den Rücken und geht seither seinen eigenen Weg als Musiker, der im Jazz und in der Wiener Popularmusik verwurzelt ist. Seine Leidenschaft für Mingus wurde schon früh geweckt und hat ihn bis heute nicht losgelassen. „Als ich als Vierzehnjähriger mit dem Bassspielen anfing, haben mich sein Sound, die Kompositionen, das Gesamtpaket sehr geprägt. Es kommt so vieles zusammen“, sagt er.
Breinschmid und Magnus Lindgren hatten zuvor noch nicht zusammengearbeitet, aber ihr gegenseitiges Verständnis und ihr Respekt wuchsen im Laufe der Zusammenarbeit: „Magnus ist ein großartiger Musiker“, sagt Breinschmid. „Ein virtuoser Multiinstrumentalist, ein erfahrener Arrangeur, ein großartiger Künstler. Er hat immer ein Gespür für das gesamte Ensemble und dafür, wie es am besten funktionieren wird.“ Lindgren, der eher für das Alt- und Tenorsaxofon sowie die Flöte bekannt ist, ist hier hauptsächlich auf seinem alten Selmer-Baritonsaxophon zu hören, aber auch auf der Bassklarinette. Wie Breinschmid fühlte sich Lindgren ebenfalls schon früh zu den Kompositionen von Mingus hingezogen, was durch eine enge Zusammenarbeit mit Steve Slagle, einem der führenden Köpfe der Mingus Big Band in den 1990er Jahren, noch verstärkt wurde. Über seine Rolle als Instrumentalist der Mingus-Hommage sagt der Schwede: „Ich liebe Pepper Adams - und es macht Spaß, Bariton zu spielen.“
„Wenn Charlie von Lester spricht...“ Es war Joni Mitchell, die Mingus' wunderschönes Klagelied zum Tod von Lester Young, „Goodbye Pork Pie Hat“, auf ihrem „Mingus“-Album in englische Worte fasste. Der Kontext ist hier ein anderer, ebenso wie die Sprache. Aus dem Mingus'schen polyphonen Chaos erhebt sich die eindringliche Gesangsstimme des französischen Gesangsstars Camille Bertault. Die von ihr geschriebenen Lyrics beschwören die Verlustgefühle von Charles Mingus herauf. Dann erhebt sich ihre Stimme wie von Zauberhand wortlos, und wenn sie den letzten Ton ganze fünfzehn Sekunden lang hält, ist das eine atemberaubende Tour de Force an Gelassenheit und Kontrolle. Sie ist auch für die neuen und aufreizend rätselhaften Worte für „Self-Portrait in Three Colours“ verantwortlich.
„Jazz at Berlin Philharmonic XIII – Celebrating Mingus 100“ präsentiert weitere starke Stimmen. Zwei US-Amerikaner bilden das Herz der Band: Pianist Danny Grissett ist seit fast zwei Jahrzehnten in der New Yorker Jazzszene aktiv und war Mitglied der Mingus Big Band. Schlagzeuger Gregory Hutchinson hat in unzähligen Kontexten gearbeitet, nicht zuletzt im Joshua Redman Quartet von 1998 - 2001. Daneben sind zwei Musiker vertreten, die Deutschland zu ihrer Heimat gemacht haben: Der Tenorsaxophonist Tony Lakatos ist seit seiner Übersiedlung von Ungarn nach Deutschland im Jahr 1980 auf über 300 Alben zu hören und war bis 2021 eine feste Größe in der hr-Bigband. Der starke Ton und die Improvisationsfähigkeit der in Australien geborenen und heute in Köln lebenden Posaunistin Shannon Barnett erweisen sich in diesem Kontext ebenfalls als ideal. Die deutsche Heimmannschaft des Abends bilden der Trompeter Matthias Schriefl und der junge Saxophonist Jakob Manz. Voller Hingabe, überbordender Energie und mit waghalsigen Spielfertigkeiten werfen die beiden alle Klischees über deutsche Ordnung und Disziplin über Bord. Dies ist leidenschaftliches Musizieren auf höchstem Niveau.
Mingus Musik war ein Wechselbad der Gefühle und Stimmungen. All die menschlichen Emotionen von Wut, Angst und Traurigkeit bis hin zu Hoffnung, Freude und Liebe finden sich bei ihm wieder. Das macht sein Schaffen heute immer noch aktuell. Während Mingus' Asche dem Ganges anvertraut wurde, erwachte sein unverwüstlicher Geist in einem bewegenden Konzert in Berlin zu neuem Leben.
Magnus Lindgren, Baritonsaxophon, Bassklarinette, Leitung
Georg Breinschmid, Kontrabass, Leitung
Tony Lakatos, Tenorsaxophon
Jakob Manz, Altsaxophon
Matthias Schriefl, Trompete
Shannon Barnett, Posaune
Gregory Hutchinson, Schlagzeug
Danny Grissett, Klavier
Camille Bertault, Gesang
Magnus Lindgren
„gehört seit mehr als einem Jahrzehnt zu den international erfolgreichen Jazz-Musikern Schwedens“ (SWR2) und hat sich sowohl als Instrumentalist als auch als Arrangeur einen Namen gemacht.
Seine Begabung zeigte sich bereits in jungen Jahren: Mit vierzehn tourte er zum ersten Mal mit der Bigband des Vaters durch Schweden und stand mit siebzehn Jahren mit Herbie Hancock auf der Bühne.
Lindgren studierte an der Königlichen Hochschule für Musik in Stockholm Saxophon, konzentrierte sich aber auch auf das Querflöten- und Klarinettenspiel. In dieser Zeit trat er häufig auf zahlreichen Bühnen in und um Stockholm auf.
1999 erschien sein Debütalbum, das direkt eine Schwedische Grammynominierung erhielt.
Es folgten viele Auszeichnungen, zum Beispiel die Schwedische Königsmedaille 'Litteris et Artibus' für herausragende künstlerische Leistungen. Zudem trat Lindgren gleich bei zwei Nobelpreisbanketten auf.
Bekannt als langjähriges Mitglied der Nils Landgren Funk Unit ist Magnus Lindgren nicht nur ein begnadeter Saxofonist, sondern auch „der beste europäische Jazz-Flötist" (Tagesspiegel).
Diese Kunst zeigt er auf seinem ACT-Debüt erstmals in Reinform: „Stockholm Underground“ – eine Hommage an Herbie Man und Lindgrens erstes Album, auf dem er ausschließlich Flöte spielt.
„Stockholm Underground“ wurde 2018 für den schwedischen Radiojazzpreis ‚Jazzkatten‘ nominiert.
Darüber hinaus wird Lindgren als etabliertes Gegenüber von Till Brönner und als Musikalischer Leiter seiner Orchesterprojekte hoch geschätzt. Als erster Artist in Residence arbeitet Lindgren zudem als Arrangeur und Dirigent sowie als Solist eng mit der SWR Bigband zusammen.
Auch ist er in Projekten mit Symphonieorchestern, Chören und verschiedenen europäischen Bigbands genre- und länderübergreifend oder auf Augenhöhe mit Jazzgrößen wie John Scofield, Gregory Porter, Bobby McFerrin und Quincy Jones aufgetreten.
Als Sideman ist Magnus Lindgren auf zahlreichen Alben und ACT-Veröffentlichungen wie beispielsweise bei Nils Landgren, Rigmor Gustafsson oder Ida Sand zu hören.
Georg Breinschmid
wurde 1973 geboren und lebt in Wien. Er ist einer der führenden österreichischen Jazzmusiker auf internationalem Parkett, und einer der herausragenden Kontrabassisten unserer Zeit.
Breinschmid studierte klassischen Kontrabass und war von 1994-98 als Orchestermusiker u.a. bei den Wiener Philharmonikern engagiert. Seit 1999 tritt er als einer der vielseitigsten und virtuosesten Bassisten der internationalen Jazzszene hervor.
Seine unorthodoxen Kompositionen an der Schnittstelle zwischen Jazz, Klassik und Wienerlied gelten als eine der interessantesten Entwicklungen in der zeitgenössischen Musik und werden von Ensembles wie The Philharmonics, dem Stuttgarter Kammerorchester oder dem Australian Chamber Orchestra aufgeführt.
Zahlreiche eigene und von der Kritik hochgelobte CD Produktionen wie „Wien bleibt Krk“, „Brein`s World“ und „Double Brein“. Zusammenarbeit mit wichtigen künstlerischen Partnern wie Thomas Gansch, Benjamin Schmid, Florian Willeitner und den Janoska-Brüdern, auch zahlreiche Projekte mit Sinfonieorchestern.
Booklet for Jazz at Berlin Philharmonic XIII: Celebrating Mingus 100 (Live)