Live at the Philharmonie, Cologne (Live) Bill Laurance & WDR Big Band
Album info
Album-Release:
2019
HRA-Release:
09.02.2021
Album including Album cover
- 1 The Good Things (Live) 07:09
- 2 Denmark Hill (Live) 07:02
- 3 Ready Wednesday (Live) 10:02
- 4 Swagtimes (Live) 05:58
- 5 Money in the Desert (Live) 06:45
- 6 Golden Hour (Live) 07:55
- 7 The Rush (Live) 07:19
- 8 Swift (Live) 05:32
- 9 Red Sand (Live) 09:45
Info for Live at the Philharmonie, Cologne (Live)
Der Keyboarder Bill Laurance, Gründungsmitglied der dreifach Grammy ausgezeichneten, international gefeierten Gruppe Snarky Puppy, die von den Lesern des DownBeat Magazins zur Jazz-Band des Jahres 2017 gewählt wurde, bewegt sich seit langem als Musiker auch außerhalb der Grenzen dieser beliebten, Genre-überschreitenden Jazz- und Funk-Band. Beginnend mit ‚Flint‘ (2014), fortsetzend mit ‚Swift‘ (2015), ‚Aftersun‘ und ‚Live at Union Chapel‘ (beide 2016), sowie ‚Cables‘ (2019), hat Laurance elektronische Musik, faszinierende modale Jams, Trommel- und Bass-Rhythmen, bezaubernde Weltmusik-Grooves und eine ganze Reihe anderer Stimmungen und Stiele erforscht. Seine sorgfältig vorbereiteten, akustisch kreativen Soloprojekte reflektieren seine unterschiedlichen Interessen; etwa an der klassischen Musik, die er während seiner Zeit an der Universität von Leeds kennengelernt hat, den Jazz, mit dem er in Nordlondon aufgewachsen ist, oder die elektronische Musik, die ihn vor allem in den vergangenen Jahren fasziniert hat. Alle diese unterschiedlichen Elemente verbinden sich harmonisch zu einem frischen Sound, der die Phantasie einer neuen Generation von Jazzfans begeistert. Das britische Jazz Journal formulierte es so: „Wenn Jazz auch kommende Generationen ansprechen will, dann braucht es Leute wie Bill Laurance, um die Relevanz dieser Musikgattung zu erneuern.“
Einige von Laurances bekannteren Kompositionen, wie etwa The Good Thing aus Flint und die Titelnummer von ‚Swift‘, zeigen seine Neigung, aus krassem Minimalismus rhapsodische Crescendos zu entwickeln, während andere, wie das fesselnde Money in the Desert und das ausladende Ready Wednesday (beide vom Album ‚Flint‘ stammend) mit filmischem Schwung daherkommen. Die funkigeren Elemente von Laurances kompositorischem Schaffen, wie etwa Swag Times, oder das an die Brecker Brothers erinnernde Red Sand, führen uns wieder näher an seine Arbeit mit Snarky Puppy heran. Ein völlig neues Level erreichen Laurances einnehmende Songs durch die Einbeziehung einer vollständigen Bläserbesetzung.
Aufgenommen vor einem begeisterten Publikum in der Philharmonie in Köln und getragen von der gefeierten 18-köpfigen WDR Big Band unter der Leitung ihres Chefdirigenten Bob Mintzer (dem bekannten Tenorsaxophonisten, langjährigen Mitglied der Yellowjackets und Leader seiner eigenen, Grammy-ausgezeichneten, Bob Mintzer Big Band), erfindet Laurance bei diesem Auftritt einige seiner früher aufgenommenen Stücke neu, aber in viel größerem Stil. „Ich habe mir diese Kompositionen immer als für ein Orchester bestimmt, vorgestellt. Es ist eine seltene Chance, seine eigene Musik von einem Ensemble dieses Kalibers gespielt zu hören,“ so Laurance.
In gewisser Weise ist die vorliegende Aufnahme eine Erweiterung von Snarky Puppys orchestraler Zusammenarbeit mit dem niederländischen Metropole Orkest auf ‚Sylva‘, dem Grammy-Gewinner aus 2015 (bestes zeitgenössisches Instrumentalalbum), oder von Laurances eigener, breiterer Version seiner Melodien auf ‚Live at Union Chapel‘ (2016), mit einem durch drei Streicher und einem Waldhorn erweiterten Kern-Quartett. Dieser beschwingte Auftritt ist abwechselnd ruhig und rhapsodisch, den einen Moment von subtilem Minimalismus gekennzeichnet und im nächsten Moment vorwärtsstürmend und mit opulenten Orchesterklängen überraschend. Von wogenden Grooves und meditativen Motiven, die den Zuhörer verführen, über unwiderstehlichen Funk und elektrisierende Crescendos - Live at the Philharmonie Cologne begeistert und trotzt jeder Kategorisierung. „Mit diesem Projekt wollte ich die WDR Big Band in einem möglichst breiten Spektrum an Genres einsetzen, um so neue Zugänge zum traditionellen Big Band Sound zu finden,“ sagte er.
Mintzer – dessen innovative Melodielinien von professionellen Big Bands weltweit gerne aufgegriffen werden – ist es anzurechnen, dass Laurance sein Ziel in der Zusammenarbeit mit dem WDR erreichen konnte. „Ich wollte, dass er seine Meinung einfließen lässt,“ so der Keyboarder. „Er hat unzählige Nummern für Big Bands arrangiert und die Art und Weise wie er das Material zum Leben gebracht hat, ist einfach wunderbar. Bei meiner eigenen Musik denke ich öfter an größere Arrangements und dieses Projekt war eine großartige Gelegenheit diese Ideen zu realisieren.“
Mintzer fügt hinzu: „Meiner Meinung nach unterscheidet sich Bills Musik von anderen WDR Projekten die ich umgesetzt habe vor allem darin, dass sie Elemente enthält, die normalerweise nicht im Repertoire der Band zu finden sind. Ich denke dabei vor allem an die an Filmmusik erinnernden Sequenzen. Es ist eine Einfachheit in der Musik, die sie einem breiten Publikum zugänglich macht. Für das WDR zu arrangieren ist immer eine Herausforderung. Ich versuche die Absichten des Komponisten zu berücksichtigen und doch auch meine eigene Meinung, wenn es um Orchestrierung, Harmonik, Melodie und Rhythmus geht, in den Mix einzubringen. Im Fall von Bills Musik habe ich vor allem versucht, die Nummern durch Farbe und Tiefe in der Orchestrierung zu bereichern, wobei ich auf die wunderbare Ensemblequalität des WDR zurückgreifen konnte.“
Mintzer, der den Großteil der Stücke arrangiert hat, wird bei den restlichen Nummern von Gastarrangeuren unterstützt. Das minimalistische Eröffnungsstück The Good Things (ursprünglich auf ‚Flint‘ als Trio mit Michael League von Snarky Puppy am Bass und Robert ‚Sput‘ Searight am Schlagzeug zu hören) wurde für die WDR Big Band von Vellu Halkosalmi arrangiert. Das Stück entwickelt sich schrittweise vom ruhigen Intro hin zu einem ekstatischen Crescendo, das in einem schäumenden – an Michael Brecker erinnernden – Solo des WDR Tenorsaxophonisten-Titanen Paul Heller seinen Höhepunkt erreicht. Der Komponist gibt Einblick in einige seiner Inspirationsquellen für dieses wachrüttelnde Stück. „Ich liebe Brad Mehldaus Aufnahme von ‚The Art of the Trio‘ und es gibt Momente darin, die definitiv in meine Komposition eingeflossen sind. Als Teenager habe ich auch sehr viel Radiohead gehört, was sich in den Akkorden des Mittelteils erkennen lässt. Für das Klaviersolo wollte ich auf Roni Sizes ‚Brown Paper Bag‘ verweisen, einem beliebten Drum ‚n‘ Bass Stück aus Großbritannien, aber mit der Herangehensweise eines Tony Williams in den Tagen des Miles Davis Quintetts: es ist also ein Drum ‚n‘ Bass Groove mit Free-Jazz Dialogen.“
Denmark Hill plätschert mühelos über einen trällernden Poinciana Beat (Laurance ist ein großer Fan von Ahmad Jamal), während Arrangeur Mintzer mit seinen Adaptionen für Flöten und Hörner neue Farben und Strukturen in das Stück einbringt. Laurance liefert in dieser Nummer ein wunderschönes und lyrisches Klaviersolo ab und Ruud Breuls folgt ihm mit einem ebenso reizenden Trompetensolo. Mintzer steuert selbst noch ein eiliges Tenor-Solo bei, bevor das gesamte Ensemble wieder in das beschwingte Thema einstimmt.
Einflüsse von Abdulla Ibrahims ‚Water from an Ancient Well‘ und Keith Jarretts ‚Köln Concert‘ aufgreifend, eröffnet das ausladende Ready Wednesday (ursprünglich vom vierten Album von Snarky Puppy aus 2010, Tell Your Friends, stammend und später auf ‚Flint‘ zu hören) mit einer introspektiven Sequenz, bevor es in einen turbulenten und vorwärtsstürmenden Abschnitt übergeht, in dem auch das harmonisch provokanteste Klaviersolo der Sammlung, gespielt von Laurance, zu erleben ist. „Es ist dies wohl meine bekannteste Nummer und erscheint mir doch zutiefst unkommerziell,“ führt er aus. „Aber ich glaube, dass darin – in einem einzigen Song – das gesamte Spektrum meiner künstlerischen Interessen vergegenwärtigt ist.“
Eine erweiterte Version von Swag Times (vom Album ‚Flint‘ stammend und hier arrangiert von Mintzer) bietet ein gefühlvolles Solo der WDR Altsaxophonistin Strassmayer. Schlagzeuger Hans Dekker, dessen Backbeat die Nummer antreibt, stellt darin sein Können zur Schau, indem er mit großer Souveränität sein Spiel über ein kompliziertes, kontrapunktisches Zwiegespräch der Hörner legt. Laurance trägt schließlich gegen Ende dieser kraftstrotzenden Nummer ein überzeugendes Solo auf der Fender Rhodes bei.
Dem würdevollen Eröffnungsthema von Money in the Desert (arrangiert von Mintzer) liegt ein Militärmarsch zugrunde. Schrittweise entwickelt sich das Stück zu einer ungestümen Big Band Melodielinie, zu der sich Laurance von der Titelmelodie einer beliebten TV-Sendung der 70er und 80er Jahre inspirieren ließ. „Als Kind war ich ein Fan des A-Teams,” gesteht er. „Und manche Erinnerung daran hat es vielleicht in das Stück geschafft.” Er verweist auch noch auf einen weiteren Ideengeber zu diesem Stück, den klassischen Komponisten E.J. Moeran aus Norfolk in England. „Ich hatte das Glück an der Universität eines seiner orchestralen Stücke, in dem sich viele Folk-Einflüsse finden, leiten zu dürfen. Es ist mit ‚Sinfonietta‘ betitelt und ich habe es als eine perfekte Balance zwischen Romantik und der herausfordernderen Harmonik des 20. Jahrhunderts empfunden.“ Billy überrascht in dieser Nummer mit einem ausgesprochen funkigen Fender Rhodes Solo, während Saxophonist Heller einmal mehr ein souveränes Tenor-Solo abliefert. Die Inspiration zum Titel dieses Stücks stammt vom geschäftigen Treiben mitten in der arabischen Wüste, wie Billy es während eines Zwischenstopps auf einer Reise nach Japan am Flughafen von Dubai erlebt hat.
Dekkers gefühlvolles Brushwork gibt den richtigen Ton vor für die einfühlsame Ballade Golden Hour (ursprünglich auf dem Album ‚Aftersun‘ zu hören, hier arrangiert von Mintzer). „In diesem Stück geht es im Kern um die Zerbrechlichkeit aller Dinge,“ erklärt Laurance. „Und warum Dinge wertvoller sind, wenn sie nicht für immer und ewig bestehen. Das trifft auch auf die ‚goldene Stunde‘ zu. Jenes goldene Licht, das jeden Tag nur während einer einzigen Stunde zu sehen ist und danach wieder verschwindet.“ Der Trompeter Rob Bruynen ist in dieser Nummer mit einem besonders schönen, aber melancholisch durchwachsenen Solo zu erleben.
The Rush bietet ein brillantes Posaunensolo von Andy Hunter und ein überragendes Klaviersolo von Laurance, in dem dieser Einflüsse von Chick Corea verarbeitet.
Swift, eine weitere minimalistische Nummer, wurde von Philip Glass und Steve Reich inspiriert. Florian Ross hat das Stück arrangiert und baut dabei auf einer erfrischenden, lateinamerikanisch angehauchten Sequenz auf, die ein kühnes Bassposaunen-Solo von Mattis Cederberg beinhaltet. Die Altistin Karolina Strassmayer steuert ebenfalls ein kraftvolles Solo bei, währen die Hörner durch ihr Spiel durchgehend für eine erhebende Grundstimmung sorgen. „Es ist eigentlich nur ein einziger, sich wiederholender Piano-Rhythmus und alles andere tanzt gewissermaßen darum herum,“ erklärt der Komponist. „Der Einsatz der tief gestimmten Hörner hilft dabei, jene epische und symphonische Klanglandschaft zu erzeugen, die mir für dieses Stück vorgeschwebt ist. Ich bevorzuge in meinen Kompositionen einen weiten, tiefen Blechbläser-Sound.“
Das energiegeladene und straff ausgeführte Red Sand setzt mit einem intimen, exotischen Dialog zwischen Laurances Piano und Bodek Jankes Tabla ein, bevor sich der funkige Kern des Stücks offenbart. Johan Hörlen steuert ein kraftvolles Alt-Solo zum Mix bei, währen Mintzer mit einem herausragenden Tenor-Solo in dieser reißerischen Nummer – im Stil von ‚Sponge‘ oder ‚Funky Sea, Funky Dew‘ von den Brecker Brothers – überzeugt. Der Komponist erzählt: „Die grundlegende Inspiration zu diesem Stück stammt von einem marokkanischen Rhythmus, den ich mit meinem Telefon auf dem großen Platz von Marrakesch, dem Jemaa el-Fnaa, aufgenommen habe. Zuhause habe ich dann eine Melodie darübergelegt. Während eines Soundchecks vor einem Auftritt erwähnte der hochbegabte Schlagzeuger Bodek Janke, dass er gelegentlich auch auf der Tabla spielt. Wir begannen zu jammen und beschlossen, das Konzert damit zu eröffnen. Davor begann das Stück mit dem Einsatz der Trommeln. Das ist das Schöne am gemeinsamen Arbeiten mit anderen Musikern – man macht Entdeckungen, die man sich nie erträumt hätte.“
Mit seinen filmmusikalischen Akzenten, Überraschungen und unerwarteten Wendungen, ist das Album Live at the Philharmonie, Cologne ohne Zweifel Laurances bisher kühnstes Projekt. — Bill Milkowski
Bill Milkowski verfasst regelmäßig Beiträge in den Magazinen Downbeat und Jazzthing. Er ist auch der Autor von JACO: The Extraordinary and Tragic Life of Jaco Pastorius.
Bill Laurance, Klavier
WDR Big Band Cologne
Digitally remastered
Bill Laurance
Pianist, keyboardist and composer Bill Laurance’s music evokes a striking sense of time and place. As an original member of 4-time Grammy Award-winning, globetrotting, genre-defying group Snarky Puppy, Laurance has toured the world countless times, playing hundreds of concerts to tens of thousands of fans worldwide.
His fearless artistic instincts now see him leaping into a boundary-defying solo soundworld for his fifth album, the cryptically titled, Cables. The first album to be released on Laurance’s newly launched Flint imprint, the record’s eight melodically-rich songs dive deep into multi-layered textures of electro-acoustic keyboards, piano and drum machines. All these components are deployed to give voice to the album’s powerful overarching theme, which Laurance explains: “Cables is my first concept album, which was originally inspired by the film Transcendent Man, a documentary about the controversial technologist Ray Kurtzweil’s prediction that we will have created a conscious robot by the year 2029. While this feels somewhat frightening, I’m equally excited by the idea – it obviously has profound implications for the way our society functions.”
These experiences have fed directly into his four solo albums, with each drawing inspiration from the people and places he’s encountered, often distilling them into powerful musical portraits. This sensory, cinematic dimension to his music has perhaps inevitably led to a move into scoring music for films, most recently for the feature documentary Remember My Name, about the life and career of David Crosby, and his first feature film score for Un Traductor, with both receiving nominations at Sundance Film Festival 2017 and 2018 respectively.
Creating music that retains a human element at its core is the key to Cables’ powerful musical statement – which is one that Laurance admits looks at both the possibilities and perils of our permanently plugged-in world: “There's no question that this album has a darkness to it. I am painting the picture of a dystopian world ruled by technology. But I'm also interested in human interaction with technology. This record is trying to embrace technology and celebrate the coming together of man and machine. As Ray Kurtzweil himself says: God will exist – and we will realise our full potential, when man and machine become one.”
Heartfelt and complex, sophisticated and soulful, menacing and mesmerising, Cables is as reflective as it is exhilarating. Laurance has unveiled his new widescreen musical vision that’s a big step forward for this master of sonic storytelling.
This album contains no booklet.